Seit Jahren habe ich überlegt, ob ich meinen Röhrenfernseher in Rente schicke und mir einen Flachbildfernseher kaufe. Jedesmal lautete die Entscheidung, dass ich der Werbung und dem Konsumdruck nicht nachgeben muss und mir die Option auf einen großen Bildschirm für später offen lasse.
Dadurch kam mir der Aufschub nicht wie ein Verzicht oder Mangel vor. Bei Freunden konnte ich den 40- oder 50-Zoller gut genießen, ohne dass Neid aufkam. Wieder zu Hause habe ich zwar über meine Röhre gescherzt, habe aber nichts wirklich vermisst. Im Gegenteil, ich habe mich darüber gefreut, dass meine Anschaffung noch vor mir habe.
Vorfreude
Vor einigen Wochen habe ich dann entschlossen, mir einen neuen Fernseher zu leisten. Über einige Tage habe ich Angebote geprüft und meine Wünsche genauer überlegt. In dieser Phase wurde die Vorfreude größer, ein klein wenig wie als Kind vor Weihnachten.
Dann war mir klar, was ich wollte: ein großes, gutes Bild und keinen weiteren Schnick-Schnack. Ohne 3D, WLAN, Youtube und Skype ist so ein Gerät inzwischen in einer Preisregion, die ich für mich akzeptieren kann. Also habe ich mir mein Wunschgerät online bestellt.
Habenwollen
Kaum hatte ich geordert, da setze ein Gefühl von „Habenwollen“ ein. Die genießerische Vorfreude verwandelte sich in etwas, das ich eigentlich nur mit Gier beschreiben kann. Jeden Tag habe ich mehrfach die Paketverfolgung aufgerufen und konnte die Lieferung plötzlich kaum erwarten.
Alltag
Inzwischen steht das Objekt der Begierde ein paar Wochen in meinen Wohnzimmer. Ich finde es toll, dass bei Filmen fast ein Kinogefühl aufkommt. Es ist praktisch, dass ich jetzt Schriften lesen kann, die die Sender so klein machen, dass sie auf Röhren nicht mehr lesbar sind. Doch wenn ich genauer überlege, dann tritt eigentlich schon ein Gewöhnungseffekt ein.
Ausblick
Aus diesem Konsumerlebnis habe ich für mich etwas gelernt. Nicht der Kauf oder der Besitz macht mich glücklich. Interessanterweise ist die Spannungsphase vorher subjektiv schöner. Wenn ich weiß, dass ich mir einen Wunsch erfüllen könnte, freiwillig dem Impuls aber noch nicht nachgebe, dann kann ich die Vorfreude über lange Zeit genießen.